Eine kulturhistorische und geografische Wanderung durch das Tujetsch
Péz Alv
Auf dem Péz Alv (2769 m ü. M.) begegnen sich die drei Kantone Uri, Tessin und Graubünden und die drei Sprachen Deutsch, Italienisch und Rätoromanisch. Er befindet sich zuhinterst in der Val Maighels, ist leicht zu besteigen und bietet eine wunderbare Aussicht. Im gleichen Tal befindet sich auch der Piogn Crap, ein Ort, an dem der Bergbach sich seinen Weg durch das Felsgestein gebahnt hat und an dem es deshalb möglich ist, den Bach mit einem einzigen Schritt zu überqueren.
Tomasee und Péz Badus
Die Tujetscher nennen den Tomasee die Wiege des Rheins. Hier beginnt dieser berühmte Fluss seine Reise von 1324 km bis nach Rotterdam. Eigentlich formt das ganze Tujetsch die Wiege des Rheins, weil alle Seitentäler mithelfen den Fluss zu bilden. Der wunderschöne Ausblick vom Péz Badus ist überwältigend. Die Besteigung führt an der Rheinquelle vorbei und macht dadurch den Berg zum meistbesuchten der ganzen Region. Der Badus hat eine Höhe von 2928 Metern über Meer. Fast das ganze Alpengebiet der Schweiz und einige der höchsten Berge Italiens und Österreichs lassen sich von hier aus überblicken.
Oberalppass
Der Oberalppass (2049 m ü. M.) wird zum ersten Mal um das Jahr 1300 erwähnt. Die Tujetscher nennen ihn auch Urserenberg und lange wurde er auch Crispaltenberg genannt. Der Pass ermöglichte den Zugang zu den Schweine- und Ziegenmärkten in den Kantonen Uri und Tessin. Als Alpentransversale für die Kantone Wallis, Uri und Graubünden war er im Mittelalter jedoch nicht nur von regionaler, sondern auch von nationaler Bedeutung. Die heutige Passstrasse wurde in den Jahren
1862/63 gebaut. Die Inbetriebnahme der Eisenbahnstrecke erfolgte im Jahr 1926.
Vom Oberalppass aus kann man den Péz Calmut besteigen. Dieser Aussichtspunkt wird von einem grossen Kreuz geschmückt, welches im Jahre 1932 im Andenken an den Förderer der Bergbevölkerung Georg Baumberger errichtet wurde.
Specksteingrube
Die Specksteingrube befindet sich in der Südflanke des Calmut. Dort gewinnt man auch heute noch den wertvollen Speckstein. Im Tal unten entstehen aus diesem Stein, welcher die Wärme sehr gut speichert, die wunderschönen ‚Tavetscher Öfen‘. Specksteinöfen aus dem 19. Jahrhundert findet man auch heute noch in Bündner Stuben. Der Tujetscher Speckstein hat einen guten Namen und die Herstellung von Specksteinöfen eine lange Tradition.
Stauseen in Nalps und Curnera
Im Tujetsch befinden sich zwei Stauseen: Nalps (erbaut 1962) und Curnera (1966). Einige Zahlen: Höhe der Mauern: Nalps 125 m, Curnera 152 m; Länge: Nalps 480 m, Curnera 350 m; Breite der Mauer unten: Nalps 23 m, Curnera 24 m; Breite der Mauer oben: Nalps und Curnera 7 m.
Zusammen mit dem Stausee von Sontga Maria auf dem Lukmanierpass liefern sie das Wasser für die Zentrale der Kraftwerke Vorderrhein in Sedrun, die im Durchschnitt 280 Mio. Kilowattstunden pro Jahr produziert. Das ist etwas mehr als der jährliche Energieverbrauch der Stadt Chur (ca. 225 Mio. kWh pro Jahr).
Kapelle Sontga Brida
Die Kapelle liegt an der Oberalpstrasse zwischen Dieni und Selva. Sie wurde im Jahr 1736 erbaut als Dank dafür, dass das Vieh von Selva und Tschamut nicht von der Lungenkrankheit heimgesucht worden war. Diese Krankheit die betroffene Tiere verenden liess, war bis in das Tujetsch herangenaht. Nachdem
man die Kapelle errichtet hatte, gingen offenbar dann auch keine Tiere an dieser Krankheit zu Grunde.
Ein Rezept gegen Zahnschmerzen: drei Mal um die Kapelle herumlaufen und dies jedes Mal mit einem Meter mehr Abstand und innert kürzester Zeit werden die Zahnschmerzen verschwunden sein, weil der Betroffene über den Abgrund in die Tiefe stürzt.
Burg Putnengia in Dieni
Die Burg wurde von den Herren von Ponteningen, einer von Disentis stammenden Familie mit walserischen Wurzeln, erbaut und bewohnt, weil sie von der Abtei Disentis mit der Überwachung und Verwaltung von Tujetsch betraut worden waren. Zu ihren Aufgaben gehörten sicherlich die Eintreibung des Zehnten und die Sicherstellung von guten Transitwegen über den Oberalppass und Richtung Norden durch die Val Milà und die Val Strem über den Chrüzlipass. Die Burg, ein Symbol für Macht und Reichtum, umfasste den Wohnturm und Anbauten für die Knechte und die Tiere. Sie wurde um das Jahr 1200 errichtet und war dann während 200-300 Jahren bewohnt. Die Burg war von Mauern und einem Graben von 2.5 Metern Breite umgeben, der Turm hatte eine Höhe von 7 Metern und die Mauern eine solche von 5 Metern.
Giuv
Ein Stück weit oberhalb von Dieni, am Fusse des Péz Culmatsch und am Rande des Baches der Val Giuv, liegt Giuv. Die Walser gaben diesem Dorf den Namen Juf. Giuv war im 18. Jahrhundert noch ein bewohnter Weiler. Im Jahr 1836 zerstörte eine Lawine einen Grossteil der Gebäude. Das Dorf war glücklicherweise jedoch bereits von den ehemaligen Einwohnern verlassen worden und die Kapelle, die dem heiligen Sebastian gewidmet ist, blieb verschont.
Stall der Franzosen oberhalb von Dieni
Der Stall weist eine für das Tal eigentümliche Mischung von Mauerwerk (Eckpfeiler) und Holzbalken (Wände) auf. Er wurde im Jahr 1864 errichtet und seine Südseite ist mit der Abbildung eines italienischen Soldaten verziert, welcher ein Gewehr in der Hand hält. Garibaldi, der Anstifter und Förderer der italienischen Nation, war sicherlich auch ein Held für die Fremdarbeiter, die zu dieser Zeit mit dem Bau der Passstrasse über den Oberalp beschäftigt waren. Diese Abbildung wurde von einem ‚Mörteljungen‘ angefertigt, der beim Bau des Stalles zusammen mit anderen italienischen Arbeitern behilflich gewesen war. Später bekam der Stall den Beinamen ‚Clavau dils Franzos‘ und wurde dann fälschlicherweise mit den Ereignissen des Jahres 1799 in Zusammenhang gebracht.
Hexenplatte auf Caschlè
Die Sage behauptet, dass Hexen diese Steinplatte mit Hilfe eines Fadens vom Péz Culmatsch herüber transportiert hätten. Auf dieser Platte hätten sie sich dann zum Hexentanz versammelt. Deshalb findet man auch heute noch Abdrücke auf dieser Platte – Fussabdrücke von Hexen.
Wasserfälle in der Val Strem
Die herabrauschenden Wassermassen in der Val Strem sind ein natürliches Schauspiel. Das Wasser stürzt sich über ungefähr 5 Felsvorsprünge von jeweils 3-10 Metern in die Tiefe.
Chrüzlipass
Seine grösste Bedeutung besass dieser Pass zu jener Zeit, als das Göschenertal noch nicht nach Süden passierbar war. Er verbindet Sedrun mit Amsteg und wurde als Ausweichroute durch die Alpen benützt. Von Sedrun aus setzten die Reisenden dann ihre Reise nach Süden über den Lukmanierpass fort. Der Steinhaufen auf der Passhöhe zeugt zudem von den vielen Wallfahrten nach Einsiedeln.
Kapellchen der Juden
Das Kapellchen aus dem Jahr 1837 verkörpert die vierte Station des Kreuzweges. Die vier Statuen in Originalgrösse wurden von Gion Battesta Andreoli aus Disentis geschnitzt. Drei Einheimische wurden während einer Wallfahrt nach Einsiedeln zu diesem Werk inspiriert.
Der Kalkofen in Val Nalps
Der Kalkofen in der Val Caltgera, einem Seitental der Val Nalps, wurde im Jahr 1866 erbaut, um Kalk, eine Art Zement, zu brennen. Das Material dazu lieferte der Fels gerade oberhalb der Val Caltgera. Das Brennholz kam aus dem nahe gelegenen Wald. Bis 1910 wurde hier Kalk gebrannt.